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Lärmaktionsplan Stuttgart
Rechtliche Grundlagen


Mit der EU-Umgebungslärmrichtlinie bzw. deren Umsetzung in Bundesrecht (§§ 47a - 47f BImSchG - Bundes-Immissionsschutzgesetz) sind Städte und Gemeinden oder die zuständigen Behörden verpflichtet, alle fünf Jahre eine Lärmkartierung (Erfassung der Lärmbelastung durch Straßen-, Schienen und Flugverkehr sowie bestimmten Industrie- und Gewerbeanlagen) zu erstellen und auf deren Basis ebenfalls alle fünf Jahre einen Lärmaktionsplan aufzustellen bzw. den bestehenden Lärmaktionsplan zu überarbeiten und fortzuschreiben. Mit den Lärmaktionsplänen sollen Lärmprobleme und Lärmauswirkungen für Gebiete in Nähe von Hauptlärmquellen (Hauptverkehrsstraßen, Haupteisenbahnstrecken, Großflughäfen, siehe auch Lärmkartierung Stuttgart und für Ballungsräume geregelt werden. Das heißt, es sollen Maßnahmen und Strategien entwickelt werden, mit denen systematisch die Lärmbelastung der betroffenen Bevölkerung gemindert werden kann.

Danach müssen Lärmaktionspläne aufgestellt werden, sobald Lärmbelastungen von über 55 dB(A) beim Tag-Abend-Nacht-Lärmindex (LDEN) oder 50 dB(A) beim Nacht-Lärmindex (LNight) auftreten.

Bei Werten von über 65 dB(A) am Tag oder 55 dB(A) in der Nacht steigt die Gesundheitsgefährdung deutlich an. Daher sind diese Konfliktbereiche in der Lärmaktionsplanung besonders zu berücksichtigen. Vordringlicher Handlungsbedarf zur Lärmminderung und Verringerung der Anzahl der Lärmbetroffenen besteht bei sehr hohen Lärmbelastungen mit mehr als 70 dB(A) beim LDEN oder 60 dB(A) beim LNight. Im Lärmaktionsplan Stuttgart sind diese Gebiete als Lärmschwerpunkte ausgewiesen.

Bei bedeutsamen Entwicklungen für die Lärmsituation, ansonsten alle fünf Jahre nach dem Zeitpunkt ihrer Aufstellung, werden die Lärmaktionspläne überprüft und erforderlichenfalls überarbeitet (§ 47d Abs. 5 BImSchG). Zumindest soll nach fünf Jahren ein Sachstandsbericht erstellt werden, der darlegt, inwieweit die Maßnahmen des letzten Plans umgesetzt wurden, wie sich die Lärmbelastungen seit der letzten Planerstellung entwickelt haben und welche Schlussfolgerungen für die Fortschreibung des Lärmaktionsplans zu ziehen sind.

Zuständig für die Lärmaktionsplanung sind gemäß § 47e BImSchG die Gemeinden oder die nach Landesrecht zuständigen Behörden. Der Lärmaktionsplan für den Flughafen Stuttgart wird vom Regierungspräsidium Stuttgart aufgestellt. Seit dem 1. Januar 2015 ist das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) zuständig für die Aufstellung eines bundesweiten Lärmaktionsplans für die Haupteisenbahnstrecken des Bundes mit Maßnahmen in Bundeshoheit und wirkt bei den Lärmaktionsplänen für Ballungsräume an der Planung von Lärmminderungsmaßnahmen an Eisenbahnstrecken mit.


Maßnahmenkonzept

Mit dem Lärmaktionsplan soll ein Programm zur systematischen Verminderung der Lärmbelastung der Bevölkerung erstellt werden, das eine koordinierte Durchführung der erforderlichen Maßnahmen ermöglicht. Er ist somit ein Strategieplan. Dabei wird unterschieden zwischen denjenigen Maßnahmen, die in den nächsten 5 Jahren geplant sind und der langfristigen Strategie. Außerdem soll der Lärmaktionsplan die Lärmminderungswirkung, die für die Umsetzung zuständige Stelle und die ungefähren voraussichtlichen Kosten (soweit möglich) aufführen.

Die Lärmaktionsplanung ist eine querschnittsorientierte Planung. In einer wechselseitigen Verzahnung mit den vorbereitenden und verbindlichen Bauleitplänen soll die Lärmaktionsplanung Anregungen und Impulse zur Lärmvermeidung und Lärmminderung geben. Andere Fachpläne ergreifen zu ihrer Zielsetzung Maßnahmen, die auch der Lärmminderung dienen. Beispiele hierfür sind der Luftreinhalteplan, das Verkehrsentwicklungskonzept, das Stadtentwicklungskonzept, der Nahverkehrsplan und das Radverkehrskonzept.

Die Umgebungslärmrichtlinie beabsichtigt ausdrücklich, nicht nur den Lärm in lauten Gebieten zu bekämpfen, sondern auch ruhige Gebiete gegen eine Zunahme des Lärms zu schützen. Nach der Umgebungslärmrichtlinie ist ein Ruhiges Gebiet ein von der zuständigen Behörde festgelegtes Gebiet, in dem bestimmte Lärmpegel nicht überschritten werden. Die Gemeinde kann bei der Aufstellung des Lärmaktionsplans diese „Grenzwerte“ selbst festlegen, wobei sie frei ist, auch verschiedene Stufen zu bilden.


Öffentlichkeitsbeteiligung

Ein großes Gewicht kommt der Beteiligung der Öffentlichkeit zu: „Die Öffentlichkeit wird zu Vorschlägen für Lärmaktionspläne gehört. Sie erhält rechtzeitig und effektiv die Möglichkeit, an der Ausarbeitung und der Überprüfung der Lärmaktionspläne mitzuwirken. Die Ergebnisse der Mitwirkung sind zu berücksichtigen. Die Öffentlichkeit ist über die getroffenen Entscheidungen zu unterrichten. Es sind angemessene Fristen mit einer ausreichenden Zeitspanne für jede Phase der Beteiligung vorzusehen.“ (§ 47d Abs. 3 BImSchG). Dabei haben die Städte einen erheblichen Handlungsspielraum, wie die effektive Mitwirkungsmöglichkeit konkret aussehen soll.

Als Mindestanforderung wird empfohlen, einen Entwurf des Lärmaktionsplans öffentlich auszulegen, incl. einer Einstellung ins Internet, und der Bevölkerung die Gelegenheit zu geben, sich in einer angemessenen Frist (ca. 6 Wochen) dazu zu äußern. Besser, aber auch aufwendiger ist es, die Bevölkerung schon aktiv beim Aufstellungsprozess der Lärmminderungsmaßnahmen zu beteiligen, z.B. in Workshops oder über Internetforen.

Auch bei der Überarbeitung des Lärmaktionsplans ist die Öffentlichkeit zu beteiligen.


Zielwerte

Zur Minderung oder Vermeidung von Gesundheitsgefährdung oder Lärmbelästigungen sollen bestimmte Zielwerte erreicht bzw. unterschritten werden. Kurzfristig soll in den hoch belasteten Wohngebieten eine erhöhte Gesundheitsgefährdung ausgeschlossen werden können. Später sollen die Zielwerte schrittweise immer anspruchsvoller werden.


Zielwerte im Lärmschutz

 Umwelthandlungsziel
Zeitraum
Tag bzw.
LDEN
1
Nacht
 Minderung der  Gesundheitsgefährdung
 (Richtwerte der Lärmschutz-Richtlinien-
 StV; bis 2010 Grenzwerte für
 Lärmsanierung; Mindestziel des Landes
 Baden-Württemberg 2007)
kurzfristig
(sofort)
70 dB(A)
60 dB(A)
 Minderung von gesundheitlichen
 Risiken

 (Schutzziele der Umweltministerkonferenz
 2013 für die Lärmaktionsplanung)
kurz bis mittelfristig
65 dB(A)
55 dB(A)
 Vermeidung gesundheitlicher  Auswirkungen
 (Umweltbundesamt)
mittelfristig2
60 dB(A)
50 dB(A)
 Vermeidung von erheblichen
 Belästigungen

 (Vision Lärmschutz Stuttgart 2030;
 Richtwerte der Weltgesundheitsorgani-
 sation WHO4;
 Umweltbundesamt; Grünbuch der
 Europäischen Kommission; langfristiges
 Ziel des Landes Baden-Württemberg)
langfristig3
55 dB(A)
45 dB(A)
 Vermeidung von Belästigungen
langfristig
50 dB(A)
40 dB(A)

1 LDEN: Tag-Abend-Nacht-Lärmindex über 24 Stunden
Zeitziel des Umweltbundesamts kurzfristig
3 Zeitziel des Umweltbundesamts mittelfristig
4 Die WHO hat keine Fristen vorgeschlagen, sondern die Einhaltung „stark“ empfohlen, was
    bedeutet, dass dringend Maßnahmen zur Minderung ergriffen werden sollen. Die Empfehlungen
    sind für den Straßenverkehr LDEN 53 dB(A), LNight 45 dB(A), für den Schienenverkehr LDEN 54
    dB(A), LNight 44 dB(A).


Ziele können auch durch relative Verbesserungen formuliert werden. So zum Beispiel die EU in ihrem Zero Pollution Action Plan: Die Zahl der Menschen, die chronisch durch Verkehrslärm belastet werden (LDEN > 55 dB(A)), soll bis 2030 um 30% gegenüber 2017 gemindert werden. Auch die Landesregierung Baden-Württemberg hat das Ziel, bis 2030 die Zahl der Menschen, die einer verkehrsbedingten gesundheitsschädlichen Lärmbelastung ausgesetzt sind, im Vergleich zur Lärmkartierung 2017 um 20% zu reduzieren.

Ziel der Lärmaktionsplanung ist es letztendlich, in allen schutzwürdigen Gebieten der Stadt die Belastung durch Umgebungslärm so weit zu vermindern, dass definierte Zielwerte überall eingehalten oder besser noch unterschritten werden können.
Eine Überschreitung der Zielwerte löst keinen Anspruch auf Durchführung von Lärmminderungsmaßnahmen aus.


 
 

© Landeshauptstadt Stuttgart, Amt für Umweltschutz, Abt. Stadtklimatologie