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Darstellung der mittleren Verhältnisse und die großklimatische Einordnung Stuttgarts

Vorbemerkungen

Einer der wichtigsten Gestaltungsfaktoren des Stadtklimas sind die relativ niedrigen Windgeschwindigkeiten im Stuttgarter Talkessel. Die geringe Luftbewegung ist nicht allein durch die lokale Besonderheit der Kessellage bedingt, sondern hat ihre Ursache in der Lage Stuttgarts im süddeutschen Raum. Hier kommt im Gegensatz zu Norddeutschland die Luft aufgrund der Luftdruckverteilung eher zur Ruhe. Während der gesamte norddeutsche Raum durch seine Nähe zu den Tiefdruckzentren des Nordatlantik ganzjährig in rascher Folge von Zyklonen und deren Ausläufern durchzogen wird, die einen steten Wechsel der Witterung und hohe Windgeschwindigkeiten bedingen, gelangt Süddeutschland häufiger in die nach NE vorgeschobenen Ausläufer des Azorenhochs, welche eine Wetterberuhigung mit sich bringen. Neben den Luftdruckverhältnissen übt das bewegtere Relief Süddeutschlands auf die Windgeschwindigkeit eine größere Bremswirkung aus.

Für die Temperaturverhältnisse Stuttgarts ist die Lage der Stadt im Neckarbecken bedeutsam. Das Talgebiet des unteren Neckars und das Neckarbecken haben an der thermischen Gunst des Oberrheintals teil.

Sonnenscheindauer und Bewölkung

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Isoplethen der Sonnenscheindauer in Stuttgart
(1959-63)

Beobachtungen zur Sonnenscheindauer wurden am Stuttgarter Wetteramt und in Hohenheim vorgenommen. Sie erreicht in Stuttgart in den Monaten Juli und September ihre höchsten Werte. Allerdings kommt es zu einem Ausfall an Sonnenschein während der Mittagsstunden der Sommermonate. Dies ist auf die Quellwolkenbildung über der Stadt zu dieser Zeit zurückzuführen.

Ein Vergleich der Sonnenscheindauer Stuttgarts mit der Hohenheims läßt folgende Besonderheiten erkennen: Von November bis April bekommt Hohenheim wesentlich mehr Sonnenschein als Stuttgart. Am größten sind die Unterschiede im Dezember, Januar und Februar. Außerdem erhält Stuttgart in den Wintermonaten besonders in den Morgen- und Abendstunden weniger Sonnenschein. Hierin äußert sich der Einfluß der Orographie. Die den Stuttgarter Talkessel umgebenden Randhöhen bewirken für die Stadt eine beträchtliche Horizonzeinengung, die sich bei dem niedrigem Sonnenstand im Winter besonders bemerkbar macht und die Sonnenscheindauer heruntersetzt.

Bei einer vergleichenden Betrachtung der 10jährigen Bewölkungsmittel beider Stationen ergibt sich für Hohenheim eine stärkere Bewölkung. Jedoch sind die Unterschiede sehr niedrig. Für beide Stationen wurde in den Wintermonaten eine hohe Bewölkung beobachtet, deren Maximum im November erreicht wird. Einem mittleren Bewölkungsgrad von März bis Juni folgt ein niedriger im Juli. Im August verstärkt sich die Himmelsbedeckung wieder, um dann im September nochmals aufzureißen und ihr Jahresminimum zu erreichen.

Die Temperaturverhältnisse

In unmittelbarer Abhängigkeit vom Strahlungshaushalt eines Ortes stehen seine Temperaturverhältnisse, die in erster Linie dadurch bestimmt sind, wieviel von der zugestrahlten Energie aufgenommen wird, wie lange sie gehalten werden kann und wieviel durch Ausstrahlung oder andere Ursachen wieder verloren geht. Diese Verhältnisse hängen von Ort zu Ort von besonderen lokalen Faktoren ab.

In Stuttgart wird die Maximumtemperatur im Juli erreicht. Eine Betrachtung der Mitteltemperaturabweichung im Vergleich mit anderen Stationen läßt erkennen, daß Stuttgart über das ganze Jahr wärmer ist als Hohenheim und Ludwigsburg und nur von Heilbronn in den Monaten Mai und Juni geringfügig übertroffen wird (vgl. Tabelle 3). Höhere tägliche Maximumtemperaturen als die Station im Stuttgarter Talkessel haben Heilbronn in den Übergangsjahreszeiten und im Frühsommer und Ludwigsburg im Mai bis Juli. Die Minimumtemperaturen Stuttgarts liegen durchweg höher als die der Vergleichsstationen.

Der Jahresgang der Temperaturabweichung von Stuttgart zu Hohenheim, Ludwigsburg und Heilbronn läßt zwei jahreszeitliche Maxima im Sommer und Winter erkennen. Eine Ursache dafür, daß sich auch im Winter große Temperaturgegensätze ausbilden, liegt in der zusätzlichen Zufuhr von Wärmeenergie durch Heizung und Industrie.

Entsprechend der jeweils höheren Minimumtemperaturen und den zu den angeführten Zeiten niedrigeren Maximumtemperaturen Stuttgarts hat die Stadt weniger Frosttage als alle drei Stationen und weniger Sommertage als Heilbronn. Verglichen mit Hohenheim werden in Stuttgart durchweg mehr Sommertage gezählt, während Ludwigsburg nur von April bis Juni eine größere Anzahl aufweist.

Luftfeuchtigkeit und Nebel

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Jahresgang der relativen Feuchte in Stuttgart
(1955-64)
wpe18.gif (838 Byte)Stuttgart, wpe1B.gif (838 Byte)Hohenheim

Der Wasserdampfgehalt der Luft wirkt sich auf Bewölkung und Niederschlag aus. Die Luftfeuchtigkeit ist von der Temperatur direkt abhängig und erreicht aus diesem Grund im Winter ihr Maximum, während sie von April bis Juli am geringsten ist. Die Feuchtigkeitsunterschiede zu den anderen Stationen sind wie die Temperaturunterschiede im Sommer und Winter am größten.

Luft mit einem geringeren relativen Feuchtigkeitsgehalt benötigt eine größere Abkühlung, um einen Teil ihres Wasserdampfes zu Wolken zu verdichten, als Luft mit größerem Feuchtigkeitsgehalt. So entspricht den sehr feuchten Wintermonaten ein hoher Bewölkungsgrad, während die niedrigste Bewölkung mir dem niedrigsten Feuchtigkeitsgehalt der Luft in den Sommermonaten zusammenfällt (vlg. Behre, O., 1908, S.113).

Die Anzahl der Rauch- und Staubteilchen ist im schwachdurchlüfteten Stuttgarter Talkessel besonders groß. An diesen Staubteilchen, die Kondensationskerne darstellen, setzt sich der Wasserdampf z.T. in Form von Tröpfchen ab und geht infolgedessen nicht in die Feuchtigkeitsmessung ein. So erklärt die im Winter beobachtete vermehrte Produktion von Rauch- und Staubteilchen, ebenfalls wie die erhöhte Temperatur, das zweite Maximum der relativen Feuchtedifferenz im Winter.

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Anzahl der Tage mit Nebel in Stuttgart (1955-64)
wpe19.gif (838 Byte)Stuttgart,wpe1A.gif (838 Byte) Hohenheim

Der Mangel an Bodenfeuchte, durch raschen Abfluß des Regenwassers von der festen Straßenauflage in die Kanalisation der Stadt, führt gleichfalls zu größerer Trockenheit. Im Winter weist Stuttgart einen großen Überschuß an Nebeltagen auf. Diese Erscheinung des Stadtnebels erklärt sich aus dem Vorgang der Nebelbildung. Nebel entsteht, wenn Wasserdampf kondensiert und sich Tröpfchen ausscheiden. Die Kondensation erfolgt um Staub- und Rauchteilchen. Je mehr solche Kerne in der Luft vorhanden sind und je feuchter die Luft ist, um so mehr kommt es zur Nebelbildung. In den Wintermonaten erreichen die Kernproduktion infolge eines vermehrten Heizbedarfes und die relative Feuchte ihre Maxima. Darum ist die Nebelhäufigkeit der Stadt im Winter besonders hoch.

Die Lage Stuttgarts in einem abgeschlossenen Kessel mit stagnierender Luft bedingt also im Winter mehr als in den anderen Städten die Nebelbildung. Im Sommer hebt der Wärmeüberschuß Stuttgarts das Kondensationsniveau (höhere Temperatur und größere Trockenheit) an, so daß Stuttgart zu dieser Zeit weniger Nebel hat.

Der Stadtnebel zählt zu den schädlichsten und auch charakteristischsten Erscheinungen des Stadtklimas. Der Nebel ist ein gutes Beispiel einer sich selbst erhaltenden oder sich noch steigernden Witterungserscheinung. Starker Nebel verhindert die Zerstreuung der schädlichen Abgase, Staub- und Rußpartikel in der Stadt, so daß z.B. der SO2- Gehalt merklich ansteigt. Die Steigerung der Kernanzahl führt wiederum erneut zur Nebelbildung. Aufgelöst werden kann der Nebel nur von außen durch Sonnenstrahlung und starken Wind.

Niederschlag und Gewitter

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Jahresgang des Niederschlags in Stuttgart (1891-1930)
Heilbronn (links), Stgt.-Wetteramt (Mitte), Hohenheim (rechts)

Die Lage im Lee des Schwarzwaldes bestimmt die verhältnismäßig geringen jährlichen Niederschlagsmengen des Neckarbeckens. In einem schmalen Streifen, vom Neckarbecken im Norden bis über die Filderplatte nach Tübingen im Süden, zieht sich ein relativ regenarmes Gebiet mit Niederschlagsmengen zwischen 600 – 700 mm im Jahr. Innerhalb dieses Raumes ist die Stuttgarter Bucht mit am regenärmsten.

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Isopleten der Windhäufigkeit (in % je Monat) für Stuttgart und Hohenheim

Die Monate Januar bis März sind in Stuttgart und Hohenheim relativ trocken. Es folgt ein Anstieg der Niederschlagstätigkeit im Sommer und dann eine weniger steile Abnahme zum Winter. Das Maximum liegt im Juli. Bei einem Vergleich zeigte sich, daß Stuttgart gegenüber Hohenheim in den Sommermonaten weniger Niederschlag erhält. Dies läßt sich einmal durch die jeweils verschiedene Gewittertätigkeit erklären. Im Sommer verzeichnet Hohenheim mehr Gewitter als Stuttgart. Wahrscheinlich wirkt sich die Reliefgestaltung der Stuttgarter Bucht dahin aus, daß die Gewitter den Talkessel öfter meiden. Zum anderen übt das über dem Stadtkessel lagernde Luftkissen eine starke Bremswirkung auf meist aus westlicher Richtung kommenden regenbringenden Luftmassen aus, die so zum Aufsteigen gezwungen sind. Dies ist mit verstärkter Niederschlagstätigkeit an den südöstlichen Randhöhen und deren näherem Hinterland verbunden.

Windverhältnisse

Die Stadt stellt mit ihrem in verschiedenen Höhen aufragenden Häusermeer ein Hindernis für die Luftbewegung dar. Durch erhöhte Reibung verlangsamt sich der Wind im Innern der Stadt, wodurch es zur Ausbildung eines Luftkissens kommt, über welches die nachströmende Luft aufsteigen muß (vgl. Kratzer, 1956, S.96).

Starken Einfluß auf die Windgeschwindigkeit nimmt auch die Geländegestaltung. Auf Meßfahrten von Vaihingen über Kaltental nach Heslach konnte festgestellt werden, daß sich die Windgeschwindigkeiten im enger werdenden Nesenbachtal zwischen Kaltental und Heslach infolge der Düsenwirkung erhöhen, um dann in Heslach durch die Bremswirkung der Häuser wieder mehr zur Ruhe zu kommen.

Die höchsten Windgeschwindigkeiten werden in Stuttgart im Winter und Frühjahr registriert. Winde aus südwestlicher und westlicher Richtung herrschen über das ganze Jahr vor, besonders im Winter. Bemerkenswert ist das Auftreten von Nordostwinden, die verstärkt in den Übergangsjahreszeiten festgestellt werden. Die den Stuttgarter Talkessel im Norden und Süden umgebenden Randhöhen, wie auch das Tal selbst verlaufen in südwest- nordöstlicher Richtung. Diese Tatsache bewirkt, daß häufig N- Winde zu NE- Winden und S- Winde zu SW- Winden umgelenkt werden.


Web-Autor: Ulrike Beck und MÜLLER Geoinformatik
Copyright © 1998. Alle Rechte vorbehalten.
Stand: 11.11.99
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